Samstag, 29. Juni 2019

Reise ins Jenseits - eine Reisebegleitung der anderen Art

Lange habt ihr nichts mehr von mir gelesen und seit Anfang Jahr bin ich tatsächlich noch kaum verreist... Den Grund möchte ich euch heute schreiben, auch wenn es nicht leicht ist...




Einzelne Tage habe ich Anfangs Jahr in den Bergen, in Zernez, Serfaus und Zermatt verbracht. Nach London bin ich später für zwei Tage gereist - wonach ich den Bericht: St. Dunstan in-the-East - Lost Place, aber nicht verloren! aufdatiert und mit neuen Fotos ergänzt habe. Auch in Stockholm  war ich nach der Schweden-Reise im letzten Jahr nochmals für wenige Tage - und die Sehnsucht nach den nordischen Landschaften und dem speziellen Licht der langen Tage war sofort wieder da.




Auf einer längeren Reise wie hier, in meinem Geheimtippreisen - Ausblick 2019 mit Wunschzielen und Reise-Inspirationen erhofft, war ich jedoch nicht.

Dafür konnte ich von zu Hause aus auf dem Blog meine Reisen durch den Oman weiter aufarbeiten und euch die Wüste, ein unbekanntes Fort, verfallene Dörfer und die Berge um Jabal Akhdar näher bringen. Irgendwann hat mir dann auch fürs Schreiben die Zeit und die Energie gefehlt.




Aber warum war ich nicht auf Reisen, sondern fast nur zu Hause? Im letzten halben Jahr war ich eine Reisebegleiterin der anderen Art: nämlich Reisebegleiterin für eine letzte Reise.

Vielleicht habt ihr auch schon einen euch nahestehenden Menschen oder ein geliebtes Tier verloren. Je älter wir werden, desto wahrscheinlicher wird das leider... Und mir ist es in den letzten Jahren  mehrmals so ergangen. Jedes Mal mehr ist mir bewusst geworden, dass es für mich in diesen Zeiten wichtig ist, da zu sein.




Auch die Gedanken "hätten wir doch noch mehr Zeit zusammen verbracht", "wäre ich doch in dem Moment da gewesen" - und ähnliche - kennt ihr möglicherweise. Mit all unseren Verpflichtungen und Jobs - und manchmal auch mit weit voneinander entfernten Wohnorten ist es jedoch heute meist alles andere als selbstverständlich, "immer da zu sein"! Manchmal müssen wir das einfach akzeptieren, manchmal gibt es aber auch eine Verschiebung der Prioritäten - und Lösungen, die wir uns vorher vielleicht nicht zu hoffen getraut hätten, werden möglich. Auch bei mir ist das nicht anders: die Arbeit und das Umfeld liessen zum Glück etwas Flexibilität zu, wenn auch nicht einen kompletten Ausstieg auf unbestimmte Zeit...

Eines habe ich auf keinen Fall mehr übers Herz gebracht: länger zu verreisen. Eine Reise zu buchen, auch nur für eine Woche, war mir alles zu viel, die Ungewissheit - auch bei einer kurzfristigen Buchung - zu gross und der Wunsch, dass wenigstens jemand da sein kann, zu wichtig.

Mitte Juni rückte die lange befürchtete, letzte Reise näher. Man konnte es sehen, fühlen, riechen und hören. Ein unaufhaltbare Entwicklung, gegen die anzukämpfen irgendwann unmöglich wird, so dass man eben nur noch mitgehen, mitbegleiten und ganz fest da sein kann. Herzzerreissend ist das manchmal! Der Tod ist nicht immer ein ruhiges Einschlafen, sondern eher ein Kampf, ein Krampf, ein Stunden und Tage dauernder Prozess...




Dennoch bin ich schlussendlich dankbar: Dankbar für ein langes, freies Wochenende mit viel Zeit, einfach nur da zu sein. Dankbar für ganz viel Liebe, Vertrauen, Nähe, gemeinsame Zeit und für (hoffentlch) richtig getroffene Entscheidungen.

Danach ist da eine grosse Leere und Trauer. Jemand fehlt, fehlt sehr! Aufräumen hilft, waschen, etwas Alltag... wieder einmal lachen hilft auch! Und da sind auch liebe Erinnerungen, "weist Du noch"- Geschichten, die aufkommen und geteilt werden, wieder etwas mehr Zeit für sich selbst, aufkeimende neue Pläne, Reisepläne vielleicht? Die Trauer braucht weiterhin Zeit, viel Zeit, und das darf auch so sein.




Eine Reise habe ich bisher noch immer nicht geplant. Momentan ist auch der Sommer in der Schweiz schön und einige heisse Tage (und Nächte ohne viel Abkühlung) liegen hinter uns... da ist jeder entspannte Sommerabend und jedes fröhliche Wochenende eine kleine Auszeit.

Gerade habe ich auch wieder erlebt, welche landschaftlichen Perlen quasi vor unserer Haustür liegen... wir müssen sie nur entdecken!

Damit wünsche ich euch weiterhin einen glücklichen und möglichst sorgenfreien Sommer - und ganz viel Zeit und Freiheit für euch und eure Lieben.

Liebe Grüsse
Miuh


P.S. habt ihr eine ähnliche Geschichte und kennt ihr manchmal auch diese Zerrissenheit zwischen Reisefreude und Situationen, die euch zu Hause halten? Schreibt gerne einen Kommentar oder verlinkt einen eigenen Beitrag, wenn ihr eure Geschichte teilen möchtet.

3 Kommentare:

  1. Liebe Miuh,
    danke für deinen lieben Kommentar zu meinem vorigen Blogbeitrag, den ich meinem verunglückten Cousin gewidmet habe. Und danke für deinen Beitrag über die ganz besondere "Reisebegleitung", der du dich in den letzten Wochen gewidmet hast. Im PS fragst du, ob jemand eine ähnliche Geschichte hat... aber bei mir ist die Geschichte anders. Denn meine Mutter (93) ist während der vergangenen 6 oder 7 Jahre bereits mehrmals "im Sterben gelegen", wir haben mehrmals von Ärzten und Pflegern gehört, dass es nun wohl der letzte Kampf ist. Und obwohl sie im vorigen Herbst nur noch 33 Kilo wog, nichts mehr essen und nur noch schlafen wollte und zwischendurch auch schon wieder zweimal so geschwächt war, dass alle meinten, es würde zu Ende gehen, hat sie sich wieder so weit "derrappelt", dass ich mit ihr plaudern kann, dass sie Zeitung liest, das sie wieder lächelt und sich an Dinge erinnert, über die wir vor einer Woche gesprochen haben - und dass ihr Gewicht auf 35 Kilo "geklettert" ist. Mein Bruder, mein Mann und ich haben schon vor Jahren darüber gesprochen, dass wir Mutter zwar so oft es uns machbar erscheint besuchen, aber zugleich nicht auf unsere Reisen verzichten wollen. Vielleicht hat uns in dieser Entscheidung bestärkt, dass meine Eltern auch viel gereist sind und ihnen das immer wichtig war. Wir kommen von unseren Reisen zurück und erzählen Mutter darüber, zeigen ihr Fotos, und möglicherweise reist sie in Gedanken ja mit...
    Ich denke, die Erfahrung, die du gemacht hast, war eine sehr wertvolle, die dir niemand mehr nehmen kann.
    Ganz herzliche rostrosige Grüße, Traude
    https://rostrose.blogspot.com/2019/07/ruckblick-auf-den-juni-plus-taglilien.html

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  2. Liebe Miuh,
    solche Situationen kenne ich leider auch und sie werden mit zunehmenden alten, ganz wie Du schreibst, immer häufiger. Erst kürzlich habe ich wieder Abschied nehmen müssen. Und ich kenne auch dieses "keine Zeit" haben, immer irgendetwas tun zu müssen. Das schmerzt mich dann, denn eigentlich hätte ich gerne mehr Zeit mit ... verbracht. Aber es wiederholt sich jedesmal auf die gleiche Weise. Nie finde ich Zeit, glaube aber auch manchmal, es wäre noch mehr Zeit da, und rechne nicht mit dem plötzlichen Tod. Vielleicht will ich es aber auch einfach nicht wahr haben und fliehe, so als könne es nicht passieren, wenn ich nicht da bin oder da gewesen bin.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

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  3. Reisen kann man wohl (meist) nachholen
    Zeit mit einem lieben .. vertrauten Menschen nicht
    ich denke du hast völlig richtig gehandelt ..

    ich hatte eine liebe mütterliche Freundin die von ihrer Familie nicht sehr viel "Begleitung " erfuhr .. nun ja.. sie war etwas eigen ..aber ich kam sehr gut mit ihr aus und ich unternahm sehr viel mit ihr..
    kleine Ausflüge in die Umgebung .. Kaffee trinken.. später versorgte ich sie auch als sie immer vergesslicher wurde
    meine Mutter war etwas eifersüchtig ..aber sie hatte meinen Vater und sie unternahmen sehr viel gemeinsam
    ich sagte ihr immer .. wenn Not am Mann ist bin ich auch für euch da ..ihr habt euch ja noch beide ..
    und dann starb sie plötzlich nach einem Herzinfarkt innerhalb einer Woche
    ich konnte nichts mehr für sie tun ..ausser ihr versprechen mich um meinen Vater zu kümmern..
    und das tue ich seit dem

    liebe Grüße
    Rosi

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